Freitag, 18. Mai 2012

The Sense of Happiness

Singapur, Südostasiatischer Inselstaat, verbunden mit dem asiatsichen Festland durch eine Brücke, 5 Mio. Einwohner, ehemalige Kolonialstaat, bekannt für seine strengen Regeln und den damit verbundenen Werbeslogen der Stadt "Singapore - A fine city" (fine = schön, aber auch Geldstrafe).

Singapur, empfohlen als Einsteigerstadt für alle die noch nie in Asien waren.

Hier bin ich, in Singapur. Und es fasziniert mich, es begeistert mich, es stresst mich, es erschlägt mich. Einsteigerstadt? Hey, es reicht! Gott sei Dank bin ich nicht nach Kuala Lumpur geflogen ;-) Und trotzdem oder auch gerade weil: Singapur - ich liebe es!!!

Ich wohne für SGD $22 (ca 13€) im 12-Bett-Zimmer (ja Ellis, da schlagt ihr die Hände über dem Kopf zusammen), das aber nicht voll ist. Lage: Mitten in Little India.

So ohne Koffer hat man endlich die Hände und den Kopf frei für Eindrücke jenseits von Straßennamen und ich weiß gar nicht wohin ich zuerst gucken soll.

2 Tage lang erlaufe ich die Stadt so gut es geht in dieser Schwüle und mit meinen geschundenen Füßen (ein Hoch auf meine Ballerinas und auch auf meine Flip Flops).
Singapur ist wie eine kleine Weltreise. All diese Viertel, diese Kulturen, diese Religionen.
Chinesen, Inder, Araber, Europäer, Malayen.

In einer Straße habe ich auf einer Distanz von ca. 300 Metern eine Kirche, eine Moschee und einen Hindutempel gesehen. Man kann Hijabs kaufen und Saris, asiatisch essen oder indisch, man hört arabische Musik und chinesische, man hört Sprachen von denen man kein Wort versteht, aber singlish (Singapur Englisch) ist allen gemein.

Der Bugis Street Market ist der größte Straßenmarkt Singapurs. Hier gibt es ALLES.
Handyhüllen und Schlüsselanhäger, Taschen und Schals, Klamotten und Schuhe, Schmuck, Koffer und jede Menge zu essen (wie überall in Singapur).
Mein Highlight sind aber der Obststand und der Saftstand (kein Saftladen ;-) ).
An Obst gibt es hier Standardobst, aber auch alles was man in Deutschland kaum oder nur schwer bekommen kann:
Logans, Rambutan, riesige Trauben, Orangen, Melone... Hier ergattere ich auch endlich die von Katja vielgepriesene Jackfrucht und der für Südoastasien obligatorische Durian-Stand (Stinkfrucht) fehlt auch nicht! Hammer!
Am Saftstand werden dann eben all diese Früchte schlicht und ergreifend gepresst und mit Eis als Durstlöscher verkauft - ein Traum!! Ich bin total verliebt in Wassermelonensaft :-)
Denn kenne ich zwar aus Australien, weil er da manchmal von Asiaten angeboten wird, aber da ist er immer so teuer. In Singapur kostet ein Becher SGD $1, das sind 60 Cent!
Und es gibt Saft aus Erdbeeren, Roter Drachenfrucht, Sternfrüchten, Pflaumen, Limonen....
Und ich werde sie ALLE probieren! Mission :-)

Diese Stadt ist ein Traum! Zum Shoppen, zum Essen, zum Staunen!

Singapur? Ich habe es mir total westlich, modern und ultra geregelt vorgestellt.
Diese Seite gibt es auch wirklich: Im CBD dominiert westliche Architektur, die ganzen Malls sind modern und man findet sie ÜBERALL! Die MRT (also quasie die S-Bahn) ist supermodern und top organisiert, aber das ist nicht alles.

In Little India ist es quirlig bunt. Überall Menschen. Inder sitzen, liegen auf der Straße. Indisches Essen, indische Ramschläden, indische Musik. Ein Gewirr aus Gassen, es ist voll, chaotisch, auch und besonders am Abend. Aber Angst nach Eintritt der Dunkelheit? Keine Spur! Dann wird dieses Viertel nochmal so lebendig! Vor den Restaurants stehen die netten indischen Herren und versprechen, dass ihr Essen das jeweils beste sei und wollen einen natürlich zum Verweilen animieren. Manche wollen aber nicht nur Gäste anwerben:

Ich habe im Gewirr der Straßen und Gässchen meinen Weg gefunden, an den ich mich auch halte. Das schützt vorm Verlaufen ;-) 2 der indischen Restaurant-Werber hauen mich immer wieder an. Zum Glück bin ich immer zu einem Schwätzchen aufgelegt. Einer der netten Herren kommt ganz unverfangen und direkt zur Sache: "Ich wollte schon immer eine Deutsche heiraten. Willst du mich nicht heiraten?" Er ist etwas enttäuscht als ich ablehne.
Aber nicht zu enttäuscht um mich am nächsten Abend nach meinem Namen und nach Facebook zu fragen. Vickram heißt er, der junge Mann! und er ist eigentlich ein ganz Süßer. Vielleicht sollte ich mir zu Herzen nehmen, was ich neulich über Indien und den Hinduismus gelesen habe? Nämlich, dass bei den Indern die Liebe erst mit der Zeit kommt. Ähnlich einem Topf Wasser den man auf den Herd stellt und der erst später beginnt zu kochen. Ich denk mal drüber nach ;-)

Ein paar Gehminuten entfernt: Die Arab Street. Schwupps, bist du im Orient!
Eine wirklich wunderschöne Moschee überragt die Häuser. Kommt man zur richtigen Zeit entlang kann man die Gebetsrufe hören. Daneben: Teppichläden, arabische Restaurants mit Halal Food, Wasserpfeifen, Läden die Hijabs anbieten. Ultimatives Urlaubsfeeling für mich :-) Und natürlich war ich in der Moschee. Wer denkt, dass ich mir hier auch einen Umhang ausleihen muss, kennt mich schlecht. Ich hatte natürlich eine Dreiviertelhose an (trotz Hitze) und meinen eigenen Schal dabei! Eine malayische Muslimin hat mir geholfen den Schal zu drapieren, Kopftuch musste ich gar nicht anziehen. Interessant auch: Die freiwilligen Helfer in der Moschee kamen aus NZ und den USA - beide konvertiert.
Meine Vorliebe für die arabische Kultur und das Essen kann ich nicht abstreiten. Warum weiß ich nicht, aber es vermittelt mir ein Gefühl von zuhause. Ja ehrlich! Ich mag die Sprache, ich lerne gern über die Traditionen, ich höre gerne den Gebetsruf. Aber zum Islam möchte ich nicht übertreten. Denn....

... Ich stehe wenige Stunden später vor einem buddhistischen Tempel und traue mich nicht reinzugehen. Offensichtlich schaue ich aber derart fragend oder interessiert drein, dass ein netter älterer Chinese (nehme ich an) sich zu mir gesellt. Er beginnt mir etwas über den Tempel zu erzählen, nimmt mich kurzerhand mit rein und alles endet in einem Crashkurs Buddhismus. Der Man ist so unglaublich nett und seine Ausführungen wirklich interessant!
Leider ein wenig zu viel asiatischer Akzent, ohne den hätte ich mehr verstanden, aber passt schon. Er erklärt mir unter anderem, dass die Buddhisten das Leben und die Welt als Kreislauf sehen. Jeder Kreislauf dauert 5000 Jahre und dass wir uns heute hier treffen, würde bedeuten dass wir uns schon einmal begegnet sein vor 5000 Jahren.
"Heute ist dein Glückstag!" sagt er.

Nun glaubt es oder nicht: Nach diesem interessanten Gespräch verabschieden wir uns und verlassen den Tempel. Wir gehen in entgegengesetzte Richtungen: Er nach rechts, ich nach links. Und ca. eine halbe Stunde später laufen wir uns nochmal über den Weg in einer nahegelegenen Straße. Auch er muss nach Little India und so gehen wir den Weg gemeinsam. In Little India verabschieden wir uns lachend mit den Worten: "Wenn es sein soll, werden wir uns auch nochmal treffen!"

Es gibt aber noch eine weitere Begegnung: Unmittelbar nach dem Tempelbesuch gehe ich zum Bugis Street Market, wo ich mir einen meiner geliebten Fruchtsäfte genehmige und das free Wifi vom Burger King nutze. Und wie ich so über die Wort meines chinesischen spirituellen Führers (nein Annika, es war nicht der chinesische Tennisphilosoph Ping Pong) spricht mich schon wieder ein Mann an. Einfach so. Eigentlich möchte ich ihn optisch in Jamaika einordenen, aber er erzählt dass er aus Singapur ist, dass er Lehrer war, jetzt Rentner ist und das Leben geniesst. Er erklärt mir seine persönliche Philosophie "Lebe im Jetzt". Denn das Leben zu geniessen, in der Gegenwart zu leben sei "The Sense of Happiness", der "Sinn des Glücklichseins". Passt thematisch gut zum vorhergehenden Tempelbesuch und dem Gespräch dort.

An diesem Abend treffe ich auch Nayem wieder, der mir spontan eine Cola ausgibt. Ich könnte auch bei ihm wohnen, aber wir wollen es ja mal nicht übertreiben ;-)

Ich komme nicht umhin zu denken: Reisen besteht aus Begegnungen.
Ich habe im Hostel niemanden kennengelernt, der für mehr als Small Talk getaugt hat. Gleichzeitig habe habe ich noch nie so viele Einheimische kennengelernt, noch nie in kurzer Zeit so viele Geschichten zu erzählen gehabt.
Ich reise alleine und ich bin nicht einsam. Hätte ich als das erlebt hätte ich eine Begleitung gehabt? Vor wenige Tagen noch war ich traurig meine Familie in Deutschland verlassen zu müssen, ich wusste nicht was mich erwartet. Jetzt aber bin ich froh hier zu sein. Ich geniesse jeden Tag, jeden Augenblick!

Das ist er: The Sense of Happiness!

(Anregungen? Meinungen? Kommentare? Na klar, hier könnt ihr:
 http://www.guestbook-free.com/books3/annieupandaway/)



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen