Mittwoch, 24. Oktober 2012

Heil Australien

Meine neunte Woche in Southern Cross war ein echter Traum, wenn man Albträume mag.
Zwar war die Einsamkeit zu Ende, da 2 deutsche Mädels, Tabea und Charlotte, anreisten für ein einwöchiges Probearbeiten. Aber ihre Ankunft war für meinen Chef erstmal Grund mich so RICHTIG zusammen zu scheißen. Und warum? Weil ihnen von meiner irischen Kollegin gesagt wurde sie sollen Essen bestellen und dann standen die beiden da vollkommen planlos und wussten nicht was, wo, wie. Und sozial wie ich bin, meinte ich dass ich für sie nochmal nachfrage. 5 Minuten später durfte ich dann von meinem Abendessen aufstehen, um mir von Stan eine Standpauke abzuholen. O-Ton: "Ich sage es nur einmal, ICH bin hier der Boss... bla bla bla"

Vollkommen unnötig. Besonders, weil er schon wieder 2 Flaschen Wein intus hatte - wie übrigens jeden Tag. Ich musste mir ja so auf die Zunge beißen ihn nicht zu fragen, ob er noch ein Glas Wein mehr trinken will, damit ich ihn besser verstehe. Nach 2 Flaschen Wein ist offensichtlich auch bei ihm das Limit erreicht, und er beginnt zu lallen.

Am Liebsten hätte ich gleich wieder meine Koffer gepackt und ihm gesagt er soll doch seinen Puff selber schmeißen. Aber da ich nun mal in Southern Cross bin, ging das nicht.
Bei einem Zug pro Tag in die Zivilisation, musste ich mir selbst, kochend vor Wut, sagen, dass er ein Arschloch allererster Güte ist. Hilft nix, arrogant und reich ist eine ganz blöde Kombination. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Naja, über diese Familie könnte ich Geschichten schreiben, aber das erspare ich mir mal. Ein paar Dinge sollen ja übrig bleiben zum Erzählen, wenn ich zurück bin ;-)

Die Stimmung blieb den Rest der Woche jedenfalls mies.
Zum Glück verstand ich mich mit den beiden Mädels gut, auch wenn sie mit 18 Jahren einen deutlichen Altersunterschied zu mir hatten. Endlich gab es mal wieder was zu erzählen und zu lachen.

Ganz merkwürdig: Uns war nicht erlaubt deutsch zu reden, was echt groteske Ausmaße angenommen hat. Natürlich, in einer Gruppe mit englischsprachigen, redet man Englisch.
Aber alleine zu dritt im Frühstückszimmer und alle anderen in der Bar und TROTZDEM Englisch reden? Da kommt man sich vor wie ein Idiot.

Und so ereignete sich folgende, nette Episode:

Tabea und ich ich sitzen im Frühstückszimmer am großen runden Tisch und essen als der Schwiegersohn von Cheffe und dessen Sohn reinkommen zum Essen. Sich an unseren Tisch setzen nur weil noch etliche Stühle frei sind? Haha! Den Raum betreten und grüßen? Haha. Tabea und ich reden also im Flüsterton auf deutsch über so lapidaren Kram wie man das eben macht beim Essen. Wir werden komplett ignoriert. Kein Gruß beim Betreten des Raumes, kein guten Appetit. Nach dem Essen stehen die auf, verlassen den Raum und dann kommt Steve (der liebe Schwiegersohn) nochmal zu uns und sagt:
"Habt ihr mal was gehört von: Wenn ihr in Rom seit, macht es wie die Römer?"

Dem folgte ein toller Monolog darüber wie rassistisch doch die Australier sind und wie sehr sie es hassen andere Menschen nicht zu verstehen. Gefolgt von dem charmanten Hinweis, dass wir sofort gefeuert werden, wenn Stan uns deutsch reden hört. Das alles mit vor Stolz geschwollener Brust und einem aggressiven Unterton in der Stimme, das einem echt anders wurde.

Die Frage weshalb es so toll ist ein Rassist zu sein und wie in der Welt man darauf stolz sein kann, blieb ungeklärt. Wenn man aus einem Land kommt, das durch den rassistischen Wahn eines Mannes in Schutt und Asche gelegt wurde und man selbst 2 Generationen später noch regelmäßig damit konfrontiert ist, hat man eventuell auch ein paar klitzekleine Schwierigkeiten dies zu verstehen.



Ebenso ungeklärt blieb für mich die Frage, ob man nicht auch als Australier ein paar kleine Umgangsformen draufhaben sollte. Grüßen und so, die ganz einfachen Dinge eben.
Naja, ich hab mir das den Rest der Woche dann auch gespart.

Wir Mädels haben jedenfalls fortan laut auf deutsch nur noch auf dem Balkon, in unseren Zimmern und auf der Straße miteinander geredet. Sobald wir im Gebäude waren, sind wir in einen Flüsterton verfallen. Wir haben uns gefühlt wie mit 10 Jahren auf Klassenfahrt, wenn man nachts durch die Gänge in der Jugendherberge schleicht. Nur dass wir weder 10 Jahre alt waren noch etwas ausgefressen hatten. Gott sei Dank war das Wetter in dieser Woche bombig, so dass wir ganze Tage mit Sonnenbaden auf dem Balkon verbracht haben.

Das Ende vom Lied dieser tollen Woche war, dass Charlotte den Barjob bekam, Tabea aber innerhalb von 2 Tagen abreisen musste. Naja, klug wie sie war hat Charlotte dann den Job auch abgelehnt. Wer will schon freiwillig hier arbeiten?!

Und so verbrachte ich noch eine weitere, letzte Woche in Southern Cross.
Aber, da Stan fast die ganze Zeit nicht da war, war sie auszuhalten. Unglaublich wie ein einzelner Mensch die Atmophäre so derart ruinieren kann - umso schöner wenn er weg ist!
Aber auch diese Woche ging zu Ende und wie es weitergeht, lest ihr im nächsten Blog :-)



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