Montag, 24. September 2012

Kleiner Mann, großer Auftritt oder auch: Krisenbewältigung auf Reisen

Reisen. Eine wunderbare Sache.
Fremde Länder, andere Sitten, neue Menschen, großartige Landschaften, Freiheit.

Reisen allein. Durchaus machbar. Nicht nur machbar, es macht Spaß!
Meist muss man nicht alleine sein, aber manchmal will man es sogar.
In der Regel gilt aber: Man trifft immer wieder neue Menschen, neue Freunde - mal nur für einen Tag, andere begleiten einen für eine Weile.

Ich bin froh, dass ich den Schritt gewagt habe allein zu reisen. Trotz aller Zweifel und Bedenken.
Aber es gibt sie, diese Phasen wo man genau DANN niemanden an seiner Seite hat, wenn man es bräuchte.
Was macht man, wenn in genau solch einer Phase schlechte Neuigkeiten ins eigene Leben platzen?

Meine schlechte Nachricht hatte eigentlich eine gute sein sollen.
Ich habe mich auf sie gefreut und auf sie gewartet, nur kam sie eben 2 Monate zu früh.
Was war passiert?

Am 4. September wurde meine Nichte Mama, obwohl der Nachwuchs für November angekündigt war. Umstände und Gründe sollen an dieser Stelle keine Rolle spielen.
Fakt war eines: Unser Zwerg (im wahrsten Sinne des Wortes)  war da, hatte innerhalb von Sekunden sämtliche Herzen gebrochen und Wellen der Aufregung geschlagen - bis nach Australien.

Die schlechte Nachricht war: Zu dem Zeitpunkt hing sein Leben am seidenen Faden.
Die ersten 48 Stunden waren die kritischsten und richtungsweisend.

Da sitzt man nun, auf der anderen Seite der Welt, und man kann nichts machen außer warten und hoffen.

Bange Stunden, schlaflose Nächte, unkonzentrierte Tage, jedes Handyklingeln liess mich zusammenfahren, wissen, dass es zuhause allen genau so geht.
6 Stunden Zeitunterschied bedeuteten auch einen verzögerten Informationsfluss.
Soll ich nach Hause fliegen oder nicht? Gleichzeitig aber die traurige Gewissheit, dass ich an der Situation nichts ändern kann - egal wo ich bin.
Und das Rad dreht sich von Neuem: Bangen, hoffen...

Von einer Sekunde zu anderen hätte ich mein Leben gegeben, um seines zu retten.

Ich war aufgelöst in Tränen und niemand war da, der mich hätte in den Arm nehmen oder mich trösten können. Alle Freunde verstreut über die ganze Welt, aber keiner in Southern Cross. Niemand mit dem ich reden konnte. Ich war jenseits von gut und böse.

Die Zentner, die mir nach den ersten 48 Stunden vom Herzen gefallen sind, kann sich niemand vorstellen. Und die Erleichterung mit der voranschreitenden Gewissheit, dass unser Zwerg sich zunehmend fängt und entwickelt - unbezahlbar.

Ihr seht also: Es gibt sie, die kritischen Situationen auf Reisen. Situationen und Begebenheiten wo man sich nichts anderes wünscht als zu Hause zu sein. In denen man sich allein fühlt. Und machtlos.

Diese Geschichte hat mir eines deutlich gemacht:
Es gibt Umstände für die ich nach Hause fliegen würde. Schnellstmöglich. Wenn es sein muss mit Upgrade in die nächste Buchungsklasse. Aber hoffe ich, dass ich das machen muss? Nein, natürlich nicht.

3 Wochen ist unser kleiner Zwerg mittlerweile alt. Verglichen mit einem Baby, dass "normal und pünktlich" geboren wird, ist er immer noch winzig und leicht. Aber er hat sich super gemacht! Er atmet jetzt ganz allein, ist 2 cm gewachsen und auch 200 g schwerer :-)

Ich muss momentan also nicht in den nächsten Flieger springen. Aber glaubt mir, es vergeht kein Tag an dem ich nicht an ihn denke. Ich kann es kaum erwarten ihn in ein paar Monaten im Arm zu halten und mit ihm zu kuscheln! Bis dahin freue ich mich jedoch über jedes Foto und Video, das mich hier in Australien erreicht :-)

Und eines muss gesagt werden. Öffentlich :-)
Auch wenn ich in dieser Situation keine Freunde hier in Southern Cross hatte, ich hatte Freunde zu Hause....
Darum an dieser Stelle ein riesiges Danke an alle, die mir liebe Worte geschrieben, das Beste gehofft und unserem kleinen Mann die Daumen gedrückt haben!!

Besonders aber bedanke ich mich bei meinen Mädels, die ich mit Whats App Nachrichten regelrecht terrorisieren durfte, die ihre Schutzengel zur Verfügung gestellt und mir unheimlich viel Zuversicht und Hoffnung gespendet haben! Ihr seid einfach die aller-aller-aller Besten!!! Ich habe zwar das unglücklichste Händchen für Männer überhaupt, aber dafür habe ich die besten Freundinnen - und jetzt noch einen süßen Neffen mehr.
Man kann wohl nicht alles haben ;-)

Millionenfachen Dank an euch!!!

Und wer sich noch fragt, ob er alleine reisen soll:
Meine Antwort lautet JA!
Die moderne Kommunikation macht es möglich, dass RICHTIGE Freunde ein unsichtbares Netz spinnen können, dass tausende Kilometer weit reicht, um euch bei Bedarf aufzufangen!

Außerdem: Freundschaft auf Reisen ist kein Mysterium, höchstens Glückssache was das Timing anbelangt ;-)

Habt Mut, lebt euren Traum!






Freitag, 21. September 2012

Housekeeping, der Job aus der Hölle

Wolltet ihr euch schon immer mal fragen weshalb ihr studiert habt oder auch nur jemals eine Schule von innen gesehen habt? Dann kann ich euch nur empfehlen nach Australien zu gehen! Hier bekommt ihr ganz bestimmt die Garantie euch bei nem Job mal richtig schön über's Ohr hauen zu lassen (Arbeit und kein Lohn), euch von eurer gestörten Chefin wie ein Kind behandeln und anbrüllen zu lassen oder auch einfach mal einen richtig ätzenden Job zu machen - Housekeeping etwa.

Nach ca. einem Jahr in diesem Job kann ich nur eines sagen: Ich hasse ihn!
Er ist die perfekte Gelegneheit zum Menschenhasser zu werden.

Warum?
Weil ich es total geil finde Kacke aus'm Klo zu kratzen. Nee ehrlich. Wozu gibt's Klobürsten? Damit ich die (für andere) benutzen kann. Klaro.
Sehr geil ist es auch immer Tag für Tag alle Handtücher vom Boden aufzuheben. Der Spaß wächst, wenn sie in der tropfenden Dusche aufgehäuft wurden. Warum nicht mal einen Haufen klatschnasser, schwerer, tropfender Handtücher zur Waschmaschine schleppen?
Riesen Freude! (Wer Ironie findet, darf sie behalten.)

Ein beliebtes Spiel der Gäste ist auch folgendes, in 3 Variationen:
a) Ich benutze nichts, aber fasse alles an, verteile es im Raum und bringe es   durcheinander!
b) Wir sind zu zweit im Doppelzimmer also lass uns das extra Bett auch noch benutzen!
c) Ich bin allein im Doppelzimmer und benutze alle 4 Kissen!

Ziel ist es dem Housekeeper möglichst viel Arbeit zu machen, die eigentlich nicht nötig gewesen wäre. Gewonnen hat, wer auscheckt bevor ich ihn in die Fänge bekomme und ihm eine reinhauen kann. Ich habe bisher leider immer verloren...

Populäre Gäste sind auch jene, die einem Das Gefühl geben (wollen) dass man als Housekeeper gaaaanz unten in der Rangordnung steht.  Da begrüßt man den geehrten (Arschloch-)Kunden höflich und wird im Gegenzug behandelt wie Luft. Wäre der rote Teppich zur Hand gewesen hätte ich ihn natürlich ausgerollt, der Kunde ist ja König. Nicht jedoch ohne ihn vorher einmal gepflegt auf den Kopf des Gastes zu hauen.

Ja, Housekeeping ist eine Arbeit die den Aggressionstrieb fördert. Wer Probleme damit hat etwas wie Aggression zu empfinden (seeeehr schwer nachvollziehbar für mich), dem sei geraten in diesem Beruf zu arbeiten. Bei mir reichen immer schon wenige Wochen am Stück und ich lynche und meuchle gedanklich fröhlich vor mich hin.

Dann gibt es da noch die Mysterien des Housekeeping, z.B. (jetzt wird's eklig):
Warum spülen manche Leute nicht, wenn sie die Toilette benutzen? Immer am Tollsten:
Kackwurst im Klo, nicht gespült UND kein Klopapier in der Schüssel. An dieser Stelle meldet sich immer meine Fantasie und ich sage ihr dann sie soll die Fresse halten...

Oder: Warum befüllen Leute einen Wasserkocher mit einem Liter Wasser, wenn ihr Tasse gerade mal 200 ml fasst?! Achso vergessen, Wasser ist ja uuuunendlich! Da meldet sich ja immer der Öko in mir, denn sowas ist einfach nur blöd. Genau wie Licht anlassen, Wasser laufen lassen, Aircon nicht abschalten. Solchen Gästen würde ich gerne mal ins Gesicht sagen, dass sie einen IQ haben von 3 - bei 4 grunzen Schweine!!!

Natürlich sind nicht alle Gäste so, da muss schon erwähnt werden. 7 von 10 sind ätzend.
Diese Mentalität "Die bekommen ja Geld für's Putzen" finde ich dermaßen ätzend. Einfach nur absolut respektlos und abwertend. Als ob man nichts machen müsste, wenn das Zimmer beim check out mal nicht aussieht wie ein Schweinestall.

Jetzt fragt euch mal: Welcher Hotelgast-Typ bin ich?

Kommt hinzu, dass Housekeeping oft.. naja, meist... einfach nur total stumpfsinnige Arbeit ist. Betten abziehen, neu beziehen, Kaffee auffüllen, Toiletten putzen, Böden, wischen, Wäsche waschen und legen. Da hat das Großhirn Urlaub, sag ich euch.

Und das in einem Kaff wie Southern Cross. Selbst wenn man nicht viele Stunden arbeitet, ist der Erholungswert gleich null, weil man nicht abschalten kann. Es gibt keine Abwechslung, nichts um auf andere Gedanken zu kommen. Ich glaube ganz einfach dass zumindest MEIN Großhirn nach etwa 8 Wochen Urlaub die Grenze der Unterforderung erreicht und gern wieder etwas arbeiten möchte. Es wird Zeit für etwas Neues...

Mittwoch, 12. September 2012

Palace Hotel

Die ersten Eindrücke sind gewichen, der Alltag ist da.
Das geht in einem Kaff wie Southern Cross besonders schnell, da man hier nicht gerade von Abwechslung erschlagen wird.

Die erste Woche wurde ich von meiner schwedischen Kollegin "eingearbeitet".
Waschbecken die aussahen wir reingekübelt, Staubdecken die zentimeterhoch waren, Böden mit klarem Wasser gewischt. Dazu jede Menge hilfreicher Ratschläge wie  "Glasreiniger brauchst du nicht." und  "Vergiss nicht hinter dem Klo zu putzen." (Ich hätte sie fast gefragt  warum sie es nie gemacht hat.)

Ich habe es mir nicht nehmen lassen ein Bild zu machen!

6 Tage musste ich mit ihr arbeiten und ich musste mehrmals an mich halten ihr nicht doch ne Putzmittelflasche an den Kopf zu werfen.... Einen Tag mehr und ich hätte sie im Klo ertränkt. Aber ging ja nochmal gut ;-)

Die Arbeit ist unspektakulär: fegen, wischen, putzen, Wäsche waschen und legen, Betten machen, was eben so anfällt. Meist so 5 Stunden am Tag, aber auch mal mehr oder weniger.

"Dongas", vorwiegend für die Minenarbeiter


Mein Lohn ist eigentlich, gerade für westaustralische Verhältnisse, zum Kotzen.
$15 / Stunde und da gehen noch Steuern ab :-( Wenigstens kann ich umsonst hier wohnen in nem eigenen Zimmer und bekomme 3 Mahlzeiten am Tag. Da nimmt man auch in Kauf, dass diese nicht sonderlich abwechslungsreich sind. Es ist halt typisches Pubfood und Pommes gibt es zu fast allem als Beilage: Lasagne mit Pommes,Burger mit Pommes, Nuggets mit Pommes, Steak mit Pommes...

lukullische "Vielfalt"


Ich kann jetzt schon 2 Dinge sagen:
Wenn ich hier weg bin, esse ich ne Weile lang keine Pommes mehr! Und ich werde was vernünftiges kochen!!!

Nach der Arbeit gibt es hier nicht wirklich was zu tun. Socialising Fehlanzeige. Wobei ich zugeben muss, dass ich mich bewusst zurückziehe. Das Pub ist ein Familienbetrieb und die Besitzer ein Ehepaar. Besonders er ist irgendwie merkwürdig und launisch. Da hab ich gar keine Lust auf Integration.

Und mal einen trinken gehen? Es gibt in Southern Cross 3 Pubs. In einem arbeite ich, ins zweite darf ich nicht gehen (Regel für die Angestellten) und ins dritte Pub hat es mich noch nicht gezogen. Bei meinem fantastischen Stundenlohn überleg ich 2 Mal, ob ich Geld für überteuerte Getränke ausgebe.

Also bleibt nicht viel außer mal mit meiner Kollegin nen Spaziergang machen oder ne DVD gucken. Es ist also stinklangweilig hier und kaum angekommen, kann man es kaum erwarten wieder zu gehen...

das Palace Hotel

Blick vom Lookout

am Lookout
 
Schön, oder!? Aber wenn man die Sonnenuntergänge aus
Brisbane kennt, sind diese hier fast schon langweilig!

 

Einmal über den Kontinent bitte!


Sie hat (erstmal) ein Ende, die Zeit in meiner Wahlheimat Brisbane.
Abgesehen von der Sorge um Geld und Arbeit war die letzte Zeit, Dank Davoud, doch noch ganz schön. Wir haben uns viele Abende und Nächte um die Ohren gehauen, waren tanzen, haben das eine oder andere Jug Bier runtergeschlürft und Davoud hat mich eingeladen und für mich iranisch gekocht.

Aber die Zeit bleibt nicht stehen. Vollbepackt und mit plötzlich 2 Koffern (Dank den notwendigerweise gekauften warmen Klamotten und meiner Schnorchelausrüstung) durfte ich gleich erstmal extra Gepäck berappen.


Viel zu viel Gepäck! Das ist nicht nur unwitzig, sondern auch unpraktisch!


Virgin Australia brachte mich 5,5 (in Worten: fünfeinhalb) Stunden Flug einmal auf die andere Seite des australischen Kontinents. Und alles was ich wusste war: Ich werde als Housekeeper in Southern Cross arbeiten.
 
Das ist, in europäischen Verhältnissen, in etwa so als würde man nach Ägypten, Saudi Arabien oder auf die Kanaren fliegen. Nur um einen Job zu beginnen für den man nicht mehr hat als eine mündliche Zusage und bei dem man nicht im geringsten weiß worauf man sich einlässt. Aber Australien funktioniert eben so!

Nach einer Nacht in Perth musste ich am nächsten Tag nochmal 5 Stunden mit dem Zug landeinwärts fahren. Die Australier lieben es übrigens ihren Zügen klangvolle Namen zu geben und so bin ich mit dem "Prospector" gefahren. Das war allerdings sehr komfortabel (gerade im Vergleich zum vorangegangenen Flug): Beinfreiheit, Steckdose, Fenstersitz und DVD - sehr cool :-) 

Damit ihr eine Vorstellung bekommt. Southern Cross liegt bei dem Zug Symbol!


Gegen 19 Uhr kam ich endlich in Southern Cross an und da bin ich nun also in diesem Country Hotel, dessen Atmosphäre ich kurz als seltsam beschreiben möchte und dessen erster Eindruck der sanitären Anlagen ein "OMG, ich habe keine Flip Flops zum Duschen!!!" bei mir auslöste.

Ironischerweise ist der Name des Etablissements "Palace Hotel". Nun, ein Palast ist es nicht, so viel sei schon jetzt verraten. Ich nenne es "Frankenstein's Hotel". Und ich bin unglaublich froh die Bewertungen bei Tripadvisor erst nach meiner Ankunft zu gelesen zu haben...

Im nächsten Blog sind die ersten Eindrücke verdaut und ihr erfahrt mehr!







 

















Dabelju Ey

Achtung Bildung!

Westaustralien befindet sich im Westen (hört hört!) des australischen Kontinents und nimmt etwa ein Drittel dessen Fläche ein. Es ist in etwa so groß wie Kontinentaleuropa und seine Hauptstadt Perth ist eine der abgelegensten Großstädte der Welt.
Als Aussie bezeichnet man Westaustralien als Western Australia (Wer hätte es gedacht!?und weil man maulfaul ist ,eben kurz als WA (gesprochen eben dabelju ey).

Im Gegensatz zur Ostküste steht WA im Ruf ursprünglicher zu sein: Nationalparks, endlose Strände, Outback, das Ningaloo Reef, weniger Toursimus, dafür riesige Distanzen zwischen den einzelnen Zielen.

"Da kannst du stundenlang fahren ohne dass dir jemand entgegenkommt!" oder "Da gibt es die tollsten Strände!" habe ich oft gehört. Leute, die der australischen Ostküste oft so gar nichts abgewinnen können, lieben häufig dennoch die Westküste.

Was an all den Behauptungen dran ist? Ich werde es herausfinden! Hoffe ich...